Der Klopitz: Hannes, herzliche Gratulation zum Comeback! Wie läuft es im Feuerdorf?
Hannes Strobl: Danke, es geht uns sehr gut. Wir haben heuer zum vierten Mal am Donaukanal aufgebaut. Seit dem 11. Oktober haben wir wieder geöffnet und wir sind wirklich überwältigt von den Anfragen und Buchungen. Wir haben schon über 1.000 Hütten für diese Saison gebucht und sind bis Ende des Jahres an den Abenden schon seit Wochen ausgebucht. Zu Mittag und am Nachmittag sind noch Hütten zu haben.
Der Klopitz: Die Idee eines Grillfdorfes im Winter in Wien ist ja nicht unbedingt naheliegend. Wie bist du darauf gekommen und wie kann man sich die ersten Schritte eines solchen Projekts vorstellen?
Hannes Strobl: Nach 13 Jahren an der Spitze einer großen Eventagentur habe ich die Auszeit genutzt, um wieder mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und herauszufinden, was mich in Zukunft faszinieren würde. Und als ich dann mit meiner Familie und Freunden auf einem Kinderbauernhof im kalten Waldviertel im Oktober 2015 in einer kleinen skandinavischen Grillhütte gesessen bin, hat mich diese Idee wie der Blitz getroffen: Ein ganzes Dorf mit Grillhütten mitten in einer Großstatt zu bauen, Menschen die Möglichkeit zu geben rund ums offene Feuer zu sitzen und gemeinsam Essen zuzubereiten, wie wir es Jahrtausende schon gemacht haben. Und das Leben wieder entschleunigt zu genießen. Das war damals so verrückt und auch unmöglich, dass es genau das Richtige für mich war. Von dieser Sekunde habe ich nur mehr für diese Idee gebrannt und habe versucht, Gott und die Welt davon zu überzeugen. Was verständlicherweise anfangs ziemlich unmöglich erschien, nahm nach eineinhalb Jahre Formen an und im Oktober 2016 stand das erste Dorf. Von da an haben wir begonnen, eine komplett neue Gastronomieidee zu entwickeln, die mit einem normalen Restaurant wenig zu tun hat.
Der Klopitz: Mit welchen Hürden und Überraschungen muss man rechnen, wenn man um die Genehmigungen für so sein Projekt ansucht?
Hannes Strobl: Eigentlich mit dem kompletten Programm. Es bedarf sehr langer Ausdauer und Hartnäckigkeit um etwas als Pionier auf die Beine zu stellen. Weil es sich auch niemand vorstellen konnte. So war es anfangs schwer überhaupt die richtige Behörde zu finden, um es zu genehmigen. Keiner kannte es und hielt sich daher auch nicht für zuständig. Bis ich dann einen genialen und sehr kompetenten Gewerberechtsbeamten getroffen habe, der dann alle Behörden an einen Tisch brachte und wir den ersten Weg einer gewerberechtlichen Genehmigungsrichtung festlegten. Ein weiteres Thema war der Brandschutz, da ja offenes Feuer bis dato nicht üblich in der Gastronomie war. Daher wurden die Holzhütte richtigerweise auf Herz und Nieren geprüft und man muss sich bewusst sein, dass diese Dinge dann schon einmal eine lange Vorlaufzeit in Anspruch nehmen können. Wo wir auch viel Zeit investiert haben, ist die Vermeidung von Emissionen. Themen wie Feinstaub nehme ich auch persönlich sehr ernst und so haben wir den Anzünd- und Grillprozess so weit optimiert, damit wir die sehr hohen Umweltauflagen der Stadt Wien erfüllen können. Auch haben wir in Computeranalysen investiert, mit denen die Geruchsausbreitung mit den Windkarten und dem digitalen Stadtplan berechnet wurden, damit wir keine Anrainer belästigen. Alle diese Punkte haben wir schlussendlich gemeinsam mit sehr konstruktiven Mitarbeitern der Wiener Stadtverwaltung lösen können. Dafür bin ich diesen Personen heute noch sehr dankbar.
Was mich heute noch am meisten beschäftigt ist die Frage der Ganzjahresnutzung. Im Winter haben wir einen 10 Jahresvertrag bekommen, im Sommer müssen wir im Moment noch das gesamte Dorf abbauen. Was sehr viel Zeit und Geld kostet. Wir haben sehr viel Mehrwertangebote an die Stadt bereits gemacht, um auch im Sommer diesen nicht genutzten Platz aufzuwerten, jedoch hat man hier noch kein offenes, konstruktives Ohr für uns in der Stadt. Wir erwarten allein im Winter heuer mehr als 30.000 Besucher und sind daher überzeugt, einen echten Mehrwert für unsere Gäste und der Stadt auch im Sommer zu bieten, da wir die Ermöglichungsfläche am Donaukanal erst durch unsere Infrastrukturinvestitionen ermöglichen würden.
Der Klopitz: Woran scheitert zur Zeit eine dauerhafte Nutzung Eurer Fläche am Donaukanal?
Hannes Strobl: Mir ist bewusst, dass mit öffentlichem Raum behutsam umgegangen werden muss. Deshalb haben wir auch schon mehrere Konzepte für den Sommer vorgelegt, bei dem wir der Stadt einiges zurückgeben möchten, wie zum Beispiel Ruhezonen ohne Konsumationszwang, eine Servicestation für Fahrräder, Wasserstelle zum Trinken für Alle oder das Angebot, für verschiedene andere Veranstaltungen, die ja auf der Ermöglichungszone seit über 10 Jahren erwünscht sind, zur Verfügung zu stellen. Wir freuen uns einerseits über die generelle Unterstützung und das Vertrauen der Stadt Wien, anderseits müssen wir noch eine ganzheitliche und langfristige Lösung erzielen, da wir sonst wirtschaftlich nicht sinnvoll das Projekt weiterführen können. Als ehemaliger Handballer habe ich gelernt, dass man am besten spielt, wenn man klare Regeln und faire Bedingungen für alle Mitspieler hat, die für alle gut sind.
"Wir sehen uns nach Alternativen außerhalb von Wien um"
Der Klopitz: Was sind Eure Ziele für die nächsten Jahre?
Hannes Strobl: Zunächst möchten wir natürlich jedes Jahr ein bisschen besser werden. Das heißt noch besseres Service, noch bessere Qualität und noch mehr Atmosphäre am Donaukanal. Unser Ziel ist, dass jeder Gast 100% zufrieden nach Hause geht, und wir werden nie aufhören uns darauf zu fokussieren. Mittelfristig möchten wir wachsen, wir sondieren gerade einige alternative Standorte im In- und Ausland.
Der Klopitz: Kannst du uns etwas mehr darüber erzählen? Wird es bald ein zweites Feuerdorf geben?
Hannes Strobl: Wenn es nach uns geht und wir die Ganzjahresnutzung in Wien schon hätten, dann würde es jetzt schon andere Dörfer in Ö und EU geben, auf alle Fälle. Ich bitte um Verständnis, dass ich zu diesem Zeitpunkt noch keine Details verraten kann, aber wir sind sehr stolz, mehrere konkrete Anfragen zu haben, teilweise von privaten Investoren, teilweise aber auch direkt von Städten und Gemeinden. Wir arbeiten gerade an einem Franchisekonzept und sobald sich der richtige Standort findet, kann es dann sehr schnell gehen.
Der Klopitz: Wie kann man sich das genau vorstellen, nach welchen Kriterien sondiert ihr?
Hannes Strobl: Geographisch möchte ich mich gar nicht allzu sehr einschränken, für uns sind im nächsten Schritt die Schweiz und Deutschland, aber durchaus auch 1-2 weitere Locations in Österreich möglich. Am wichtigsten ist es für uns einen Standort zu finden, an dem wir längerfristig und ganzjährig bleiben werden, wo wir auch erwünscht sind und konstruktiv mit den Verantwortlichen planen, um nachhaltige Investitionen tätigen zu können. Das geht nur mit der vollen Unterstützung der zuständigen Behörden und einem starken Partner vor Ort.
"Ich denke wir sollten alle weniger Fleisch essen, aber wenn, dann richtig"
Der Klopitz: Hannes, der globale Fleischkonsum ist eines der aktuellsten Themen unserer Zeit. Gleichzeitig seid Ihr sehr erfolgreich und wollt weiter expandieren. Wie passt das zusammen?
Hannes Strobl: Die Frage ist sehr wichtig und wir sind uns absolut unserer Verantwortung bewusst. Ich möchte vielleicht mit mir persönlich beginnen. Ich esse generell sehr gerne und gar nicht wenig. Gleichzeitig konsumiere ich sehr bewusst und überlege mir sehr genau wie oft ich Fleisch esse und vor allem wo und unter welchen Bedingungen die Zutaten produziert werden. Wir arbeiten im Feuerdorf fast ausschließlich mit österreichischen Produzenten, einige davon sind Unternehmen, die echte Pioniere im Bereich der Nachhaltigkeit sind. Darüber hinaus bieten wir natürlich auch vermehrt vegetarische Grillthemen, die bei unseren Gästen sehr beliebt sind. Generell denke ich, dass wir alle weniger Fleisch essen sollten, aber wenn, dann mit Genuss und Freude.
Der Klopitz: Es ist kein Geheimnis, dass man Im Großhandel zum Beispiel Rindfleisch aus Südamerika weit günstiger bekommt als österreichische Ware. Wie bewertest du diese Entwicklung und wie gross ist die Versuchung?
Hannes Strobl: Wir haben im Feuerdorf immer Qualität vor Preis gestellt und Qualität definiere ich nicht nur nach Geschmack sondern auch nach Regionalität und nachhaltigen Produktionsmethoden. Für uns ist das nicht unbedingt Kern unserer Marke, sondern einfach eine Selbstverständlichkeit. Ich kann nicht allzu viel zu globalen Handelsphänomenen sagen, ich kann nur allen angehenden Gastronomen so viel mitgeben: Ich bin absolut überzeugt, dass Kunden gerne bereit sind etwas mehr zu bezahlen, wenn das Gesamtpaket passt.
Der Klopitz: Im Handel dreht sich zu Zeit alles um Digitalisierung und Multichannel. Wird sich das mittelfristig auch auf die Gastronomie auswirken?
Hannes Strobl: Wenn ich wieder für das Feuerdorf antworten darf, bin ich der Meinung, dass wir genau das Gegenkonzept dazu darstellen. Bei uns kann man sich mit echten Freunden treffen, man kann abschalten und einfach ein paar Stunden genießen ohne das Bedürfnis zu haben, dauernd am Handy hängen zu müssen. In unseren Hütten passiert das echte Leben und manchmal habe ich den Eindruck, dass unser Salettl immer mehr zum Dorfgasthaus wird, wo sich Menschen zwanglos treffen, wieder persönlich miteinander reden und somit einfach Spaß am Leben haben.
Der Klopitz: Aber bei euch bucht man schon auch ausschließlich online und ihr betreibt auch einen Shop mit eigenen Produkten.
Hannes Strobl: Ja klar, ohne einen ordentlichen Online-Auftritt geht es natürlich gar nicht mehr, gleichzeitig würde ich aber immer empfehlen sehr schnell und persönlich auf Anfragen oder spezielle Bedürfnisse der Gäste zu reagieren. Wir haben dazu eine eigene Hotline eingerichtet, die unsere Buchungen und Anfragen permanent beantwortet und sofort reagiert, das schätzen unsere Kunden definitiv. Unser Shop ist eines meiner Lieblingsprojekte, wir haben in den letzten Jahren immer mehr Anfragen von Besuchern bekommen, die sich ein Stück Feuerdorf nach Hause nehmen möchten. Gleichzeitig möchten wir auch unsere Marke abseits des Donaukanals stärken und sind in intensiven Gesprächen mit dem Lebensmittelhandel.
"Das Feuerdorf ist besser als Facebook"
Der Klopitz: Hannes, abschließend noch ein paar Fragen zu den sozialen Medien. Wie wichtig ist für Euch der Auftritt auf Facebook oder TripAdvisor?
Hannes Strobl: Wie schon gesagt, ist es uns wichtig ein wenig ein Gegenmodell darzustellen. Ich bin überzeugt, dass ein Abend bei uns mehr Spaß macht als einen ganzen Tag im Internet zu surfen. Gleichzeitig sind wir sehr froh dass es heute Medien gibt, mit denen man mit einfachen Mitteln und relativ günstig sehr viele Menschen erreichen kann. In erster Linie steht aber die hohe Qualität des Produkts im Vordergrund. Und daher ist auch die persönliche Weiterempfehlung bei uns sehr wichtig. Das schaffen wir mit einer fast 100%igen Weiterempfehlungs- und Wiederholungsrate. Ohne diese starke Idee sind Investitionen in soziale Medien daher komplett sinnlos.
Der Klopitz: Warum seid Ihr auf Instagram?
Hannes Strobl: Das sehe ich recht ähnlich, nur ist die Zielgruppe natürlich eine andere. Auf Instagram treffen wir die echten "foodies", kreative Menschen, die gerne teilen was sie gerade erlebt haben. Im Feuerdorf sorgen wir für diese speziellen Momente, die Gäste haben eine sehr schöne, emotionale und aufregende Zeit. Und es freut uns, wenn andere Menschen das erfahren. Aber wiederum gilt: wegen eines netten Fotos alleine kommt niemand zu dir in den Betrieb, je besser die Qualität und das Gesamtpaket für den Gast sind, desto wirksamer werden die sozialen Medien für uns.
Der Klopitz: Danke für das Gespräch!
Alle Fotos: Leisure Communications
Weitere Infos unter www.feuerdorf.at