Raf Toté ist Belgier und Bierbrauer aus Leidenschaft. Über den Umweg im Marketing einer großen Softwarefirma hat er in Wien seinen Traum erfüllt- traditionelle belgische Biere auf höchstem Niveau selbst zu erzeugen. Wir haben Raf am Edelstoff Markt in der MARX Halle besucht.
Der Klopitz: Hallo Raf! Danke, dass du dir Zeit für uns nimmst! Ihr habt ja gerade richtig gut zu tun...
Raf Toté: Ja danke! Es läuft gerade richtig gut für uns. Weihnachten und gutes Bier, das gehört zusammen-auch in Österreich.
Der Klopitz: Deine Geschichte ist für viele Bierliebhaber der absolute Traum. Wie bist du zum Brauer geworden?
Raf Toté: Über viele Umwege! Ich bin 2009 beruflich nach Wien gekommen und habe im Marketing für eine große Softwarefirma gearbeitet. Nachdem ich mich nicht nur in die Stadt sondern auch in meine Frau verliebt hatte war eigentlich alles perfekt. Aber dann war da auch dieses Heimweh und ziemlich viel Stress in meinem Beruf. Ich habe mich als Ausgleich immer mehr mit meinem Hobby beschäftigt und irgendwann kam es zu dem Entschluss, meinen Job zu kündigen und neu durchzustarten.
Der Klopitz: Wie wird man aber konkret vom Bierliebhaber zum Bierproduzenten?
Raf Toté: Mein Weg war wahrscheinlich zunächst recht typisch. Ich habe mich Schritt für Schritt in das Thema vertieft, zuerst mit sehr viel Fachliteratur und Exprimenten im eigenen Keller. Der wichtigste Schritt war aber dann die Ausbildung zum Bier-Sommelier und die Beteiligung an der Biermacherei Bugelmüller in Korneuburg. Dort habe ich seit 2017 das Brauen in einem kleinen, aber professionellen Umfeld gelernt. Ab 2018 habe ich mich immer wieder als ‚Gipsy Brewer" in der 100 Blumen Brauerei in Wien, Liesing eingemietet und ab 2020 werde ich nur noch dort produzieren. Mit Wachstum kommt auch, dass man Sachen hinter sich lassen muss.
"In Belgien wird Bier zelebriert!"
Der Klopitz: Was unterscheidet deine Biere von den Marken, die du in Österreich kennengelernt hast?
Raf Toté: Man muss da zuerst ganz klar zwischen den großen Brauereien und den vielen kleinen Produzenten unterscheiden. Ich finde es großartig, dass es auch in Österreich immer mehr Menschen gibt, die individuelle Produkte suchen, die eben nicht so schmecken, wie die breite Masse des Angebots. Und die belgische Brautradition ist dann noch einmal ganz speziell. Wir brauen nicht nach dem deutschen Reinheitsgebot sondern verfeinern unsere Produkte oft mit natürlichen Gewürzen oder Früchten. Das macht die Biere ganz spannend und trotzdem sehr trinkbar und ausgewogen. Der wichtigste Unterschied ist aber die belgische Hefe. Sie braucht viel Aufmerksamkeit und Mühe, verleiht aber den unvergleichbaren belgischen Charakter. Noch dazu werden unsere Biere, wie ein Champagner in der Flasche nachvergoren. So kannst du beim gleichen Ausgangsprodukt über Jahre hinweg immer wieder neue Geschmacksnuancen und Überraschungen erleben. Industriell gefertigte Biere schmecken meist am Anfang richtig gut, verlieren, dann aber sehr schnell an Aroma.
Der Klopitz: Wie entwickelt sich die Bierkultur in Österreich?
Raf Toté: Ich denke, dass sich in den letzten Jahren extrem viel verändert hat und wir stehen gerade erst am Anfang. Es gibt weiterhin den Riesenmarkt an industriell gefertigten Bieren mit relativ wenig Unterschieden, aber gleichzeitig entwickeln sich auch die Großbrauereien in Richtung Vielfalt. Dazu gibt es immer mehr neue kleine Brauer die sich in bestimmten Nischen etablieren. Und die Menschen sind auch definitiv bereit, für gute und individuelle Produkte etwas mehr zu bezahlen. Natürlich ist meine persönliche Benchmark relativ hoch, in Belgien wird Bier richtig zelebriert, mit hunderten Biersorten, den passenden Gläsern für jedes Bier und einer Leidenschaft, die viele Menschen in Österreich eher noch für Wein entwickeln. Aber wir sind auf dem richtigen Weg
Der Klopitz: Was ist dein persönliches Lieblingsbier?
Raf Toté: Ich bin ein absoluter Fan von meinem "Honey I love You". Das ist ein klassisches "Dubbel" in der Tradition der Trappistenbiere, verfeinert mit Honig und Orangenschalen - schon stark, sowie wir es in Belgien gewöhnt sind, sehr fruchtig und voll mit Geschmack.
"Craft Beer wird ein Thema für Supermärkte!"
Der Klopitz: Was sind deine Erfahrungen mit der Vermarktung deines Biers?
Raf Toté: Am Anfang läuft es über Spezialshops und die Gastronomie. Auch hier hilft es, sich eingehend mit dem Thema zu beschäftigen und vor allem viel unterwegs zu sein. Ich bin eigentliches jedes Wochenende auf irgendeiner Veranstaltung und so lernst du dann recht schnell mögliche Vertriebspartner kennen. Online ist natürlich ein absolutes Muss, uns gibt es auf www.bierplus.at.
Der Klopitz: Sind größere Handelsketten für dich auch ein Thema?
Raf Toté: Ja und nein. Natürlich brauchst du irgendwann eine gewisse Skalierbarkeit. Ich habe die Kapazität, wesentlich mehr zu produzieren. Bier ist aber im Handel ein extrem preissensibles Produkt und es gibt wenig Platz für hochwertige Produkte. Noch spielt sich hier der Großteil in Fachgeschäften ab, aber früher oder später wird echtes Craft Beer auch ein Thema für österreichische Supermärkte.
Der Klopitz: Danke für das Gespräch!
Fotos: Der Belgier Brewing
Weitere Infos unter www.derbelgier.at